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David Ludwig Bloch

Dies ist ein Portrait-Foto von David Ludwig Bloch.
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Am 25. März 1910 wurde Bloch in der kleinen oberpfälzischen Gemeinde Floß geboren. Schon als Kleinkind verlor er das Gehör. Sehr früh wurden seine künstlerischen Begabungen erkannt und gefördert. Er besuchte die Landestaubstummen- anstalt in München und eine Privatschule in Jena. Von 1925 bis 1930 absolvierte er eine Ausbildung als Porzellanmaler in Plankenhammer bei Floß und in Selb in Oberfranken. Er war stets bemüht, seine künstlerischen Talente auszubauen. Erste Werke, Aquarelle, die er 1937 während einer Radtour durch Deutschland (u.a. Hafenmotive aus Hamburg) schuf, fanden Beachtung, Anerkennung und brachten ihm einen ersten Erfolg. Bloch konnte diese Aquarelle bewahren und über die leidvollen Jahre retten.


Studium in München

Als einziger Gehörloser durfte er 1934 ein Studium an der Staatlichen Akademie für angewandte Kunst in München aufnehmen. Dort erlernte er u.a. bis 1938 die Technik des Holzschnittes, die er später zu meisterlicher Vollkommenheit ausbauen sollte.

Dem Juden David Ludwig Bloch wurde die nationalsozialistische Rassenpolitik zum Verhängnis. Er wurde 1938 von der Akademie verwiesen. Er versuchte nun, sich irgendwie "durchzuschlagen". Während der Reichspogromnacht im November 1938 wurde er von den Nazis verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Nach mehrwöchigen Drangsalierungen und Qualen konnte er gerettet werden. Sein in den USA lebender Bruder verhalf ihm zur Flucht nach Shanghai.


Fluchtort Shanghai

Warum gerade Shanghai als Zielort seiner Flucht? Die ostchinesische Hafenstadt war zu jener Zeit der einzige Zielort auf der Welt, in dem flüchtende europäische Juden kein Visum vorlegen mußten. So drängten sich 1940, als der 30jährige Bloch dort eintraf, nahezu 20.000 geflüchtete Juden aus ganz Europa in einem Ghetto zusammen. Wie alle anderen hatte auch Bloch unter den erschwerten Lebensbedingungen zu leiden: beengte Wohnverhältnisse, ungewohntes subtropisches Klima, Kulturschock, Hunger...

Trotz dieser Umstände entwickelte sich im Shanghaier Ghetto ein vielfältiges kulturelles Schaffen. Bloch wurde als Mitglied in die Vereinigung ARTA (Association of Jewish Artists and Lovers of Fine Art, Shanghai) aufgenommen. Hier fand er Anregungen und den Mut, sein Werk fortzusetzen.

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Der Künstler David Ludwig Bloch steht vor einem seiner Bilder.
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Nicht zuletzt verhalf ihm sein bis heute währender grenzenloser Optimismus über diese prekäre Phase hinweg. Durch Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen wurde er bekannt. Aber erst die Veröffentlichung des Zyklus Rikschas, in dem er 60 Holzschnitte zeigte, verhalf ihm 1942 zu hohem künstlerischem Erfolg. Im Jahre 1997 erschienen die ca. 300 Holzschnitte Blochs mit den weiteren Zyklen Yin & Yang - beggars and chinese children mit dem vorangestellten Lebenslauf des Künstlers.


In den Jahren des Shanghaier Exils schuf Bloch aber auch eine Reihe von Aquarellen mit chinesischen Landschaftsmotiven und ein Ölgemälde von Shanghais bedeutender Uferpromenade.

Im Jahre 1946 lernte David Ludwig Bloch die gehörlose Chinesin Cheng Disia kennen. Sie heirateten.


Emigration in die USA

1949 emigrierte das Ehepaar Bloch in die USA. Aus der Ehe sind zwei hörende Söhne hervorgegangen.

Bloch arbeitete in Mount Vernon, New York, als Kunstlithograph. Aber sein künstlerisches Schaffen gab er nicht auf. In Mount Vernon entstand u.a. der auch in Deutschland bekanntgewordene Acryl-Zyklus Von A (Adolf Hitler) bis Z (Zyklon B) sowie eine Vielzahl von Holocaust-Mahn-Holzschnitten.

Einige gehörlose Freunde David Ludwig Blochs glaubten, er sei durch die Nazis ermordet worden. Ja, selbst seine in Nürnberg lebende Tochter Lydia war von der Ermordung ihres Vaters überzeugt...

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David Ludwig Bloch sitzt am Schreibtisch.
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Eine späte Würdigung in Deutschland

Anläßlich einer von der bis dahin einzigen Gehörlosen-Synagoge, dem Temple Beth Solomon of the Deaf in Los Angeles, organisierten Vortragsreise (1983) wurde ich von David Ludwig Bloch in dessen Heim in Mount Vernon eingeladen. Blochs Persönlichkeit und sein bedeutendes künstlerisches Lebenswerk beeindruckten mich zutiefst. Auf meinen Wunsch hin erklärte sich Bloch spontan bereit, seinen Zyklus Von A bis Z (s.o.) in Bremen auszustellen. Der Ausstellung war ein großer Erfolg beschieden: Nicht nur die Medien, sondern auch die breite Öffentlichkeit nahmen sich der Persönlichkeit und des Schicksals des gehörlosen Künstlers an. Infolge dieser Bremer Ausstellung Crying hands kam es auch zu der Zusammenführung von Vater und Tochter. Seitdem ist die Tochter Blochs, Lydia Abel, mit enormer Tatkraft und großem Organisationstalent bemüht, das Lebenswerk ihres Vaters in Deutschland weiter bekanntzumachen. Mehrere Ausstellungen in deutschen Museen und Galerien sind ihr zu verdanken.
David Ludwig Bloch verstarb am 16. September 2002 in Barrytown, New York.

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Verfasst von: Dr. phil. Horst Biesold (1939-2000) anlässlich einer Ausstellungseröffnung mit Shanghaier Holzschnitten von David Ludwig Bloch im Kloster St. Augustin 1997, zuerst veröffentlicht in: DAS ZEICHEN, Heft Nr. 41, September 1997, S. 346 ff.

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